Ein MVP (Minimum Viable Product) für eine digitale Dienstleistung in nur 8 Wochen entwickeln? Ja, das geht — wenn man fokussiert, pragmatisch und kundenorientiert vorgeht. Ich teile hier meine erprobte Vorgehensweise, mit konkreten Schritten, Tools und Fallstricken, die ich in Beratungs- und Digitalprojekten immer wieder beobachte. Das Ziel ist nicht Perfektion, sondern: schnell lernen, validieren und skalierbare Entscheidungen treffen.

Meine Grundprinzipien vorab

Bevor ich in die Wochenplanung einsteige, arbeite ich mit drei klaren Prinzipien:

  • Problemfokus – Ein MVP löst ein konkretes, nachweisbares Problem für eine klar definierte Zielgruppe.
  • Timeboxing – 8 Wochen sind kurz. Entscheidungen werden pragmatisch gefällt, nicht perfektionistisch.
  • Iteratives Lernen – Jede Version muss Hypothesen testen und genug Daten liefern, um weiterzuentwickeln.

Woche 1: Zielgruppe, Problem und Hypothesen

In der ersten Woche packe ich die Grundlagen an. Ohne klares Problem keine Validierung.

  • Ich formuliere die Zielgruppe so präzise wie möglich (z. B. "Marketing-Manager in KMU, 30–45 Jahre, verantwortlich für Lead-Generierung").
  • Ich beschreibe das Problem in einem Satz: "Marketing-Manager haben keine verlässliche Übersicht über Kanal-Performance ohne aufwändige Excel-Auswertungen."
  • Ich lege 3–5 Haupt-Hypothesen fest, die das Produkt testen soll (z. B. "Ein Dashboard mit automatisierten KPIs spart 4 Stunden/Monat pro Nutzer").
  • Ich bestimme die Erfolgskriterien (KPIs): Anmeldungen, Nutzungsdauer, Retention nach 7 Tagen, Qualitative NPS-Feedback.

Woche 2: Value Proposition und einfache User Journeys

Jetzt wird das Angebot konkret: Was liefert die Dienstleistung genau, wie nutzen Kunden sie?

  • Ich schreibe die Value Proposition in einem Satz und teste sie intern: "Schnelle Dashboards für Marketing-Teams ohne IT-Aufwand."
  • Ich definiere 2–3 Kern-User-Journeys (z. B. Anmeldung → Datenquelle verbinden → Dashboard anzeigen → Report exportieren).
  • Ich erstelle einfache Wireframes (Low-Fidelity) mit Tools wie Figma oder sogar auf Papier, um Abläufe zu visualisieren.

Woche 3: Prototyp & erste Validierung

In Woche 3 baue ich einen klickbaren Prototypen und validiere damit erste Annahmen.

  • Ich erstelle einen interaktiven Prototyp in Figma oder Proto.io, der die Kern-Journeys abbildet.
  • Ich führe 5–10 kurze User-Interviews (20–30 Minuten) mit echten Zielkunden durch — remote per Zoom reicht. Fragen: Was gefällt? Was fehlt? Würden Sie dafür zahlen?
  • Ich sammle Feedback und priorisiere Anpassungen nach Aufwand und Impact.

Woche 4: Technische Architektur und Minimalbau

Wenn das Prototyp-Feedback positiv ist, lege ich die technische Basis. Wichtig: möglichst schlank und wartbar.

  • Ich wähle ein Tech-Stack, das schnelle Iterationen ermöglicht: z. B. Next.js oder React für Frontend, Node.js / Firebase oder Serverless für Backend, Stripe für Zahlungen, Zapier oder Make für Integrationen.
  • Ich definiere minimale Datenmodelle und APIs. Sicherheit und DSGVO sind von Anfang an berücksichtigt.
  • Ich setze ein einfaches Produkt-Repository auf (GitHub) und lege Deploy-Prozesse fest (Vercel, Netlify).

Woche 5: Build — MVP Release 1

Jetzt wird gebaut. Ziel: eine funktionierende Version, die das wichtigste Problem löst.

  • Konzentriere dich auf "Must-Haves" — alles, was nicht direkt zur Validierung beiträgt, kommt auf die Backlog-Liste.
  • Agile Sprints: kurze Tasks, tägliche Standups (auch informell), wöchentliche Demo.
  • Ich implementiere Tracking (Google Analytics, Mixpanel) und einfache Logging-Mechanismen.

Woche 6: Beta-Test & Nutzer-Onboarding

Mit einer ersten funktionalen Version lade ich Beta-User ein und optimiere das Onboarding-Erlebnis.

  • Ich rekrutiere Beta-Teilnehmer aus meinem Netzwerk oder via LinkedIn-Posts; Incentives: Early-Access, vergünstigte Preise.
  • Ich optimiere das Onboarding: klare Call-to-Actions, Tooltips, ein kurzes Walkthrough-Video oder interaktive Tipps.
  • Ich messe erste KPIs: Aktivierungsrate, Time-to-Value (wie schnell erreicht ein Nutzer den Nutzen), Abbruchraten.

Woche 7: Analyse, Anpassung und Preisfindung

Basierend auf realem Nutzungsverhalten passe ich Produkt und Geschäftsmodell an.

  • Ich analysiere Nutzerflüsse mit Heatmaps (z. B. Hotjar) und Events (Mixpanel). Wo haken Nutzer? Wo springen sie ab?
  • Ich führe A/B-Tests für wichtige Elemente durch (CTA-Text, Onboarding-Schritte).
  • Ich teste simple Pricing-Modelle: Freemium vs. Trial vs. monatliche Abos. Kleine Experimente geben Hinweise auf Zahlungsbereitschaft.

Woche 8: Skalierungsvorbereitung & Roadmap

In der letzten Woche bereite ich das Produkt auf Skalierung vor und definiere die nächsten Schritte.

  • Ich dokumentiere technische Schulden und priorisiere Refactoring-Punkte.
  • Ich definiere eine Roadmap für die nächsten 3–6 Monate: Features, Marketing-Aktivitäten, Kundensupport.
  • Ich erstelle ein Reporting-Dashboard mit den wichtigsten KPIs (Activation, Retention, MRR, Churn).

Praktische Tools und Templates, die ich empfehle

  • Figma für Wireframes und Prototyping.
  • Notion für Produkt-Roadmap, Meeting-Notizen und Backlog.
  • Stripe für schnelles Payment-Setup.
  • Vercel/Netlify für schnelles Deployment von Frontends.
  • Mixpanel/Google Analytics für Tracking und Nutzer-Insights.
  • Hotjar für Heatmaps und Session-Replays.

Typische Stolperfallen — und wie ich sie vermeide

  • Zu viele Features: Ich wähle bewusst eine "No-Feature-First"-Mentalität und frage bei jeder Funktion: Validiert sie eine Hypothese?
  • Schlechte Zielgruppendefinition: Wenn die Zielgruppe zu breit ist, verwässern Tests. Ich segmentiere früh.
  • Keine Metriken: Ohne KPIs bleibt alles subjektiv. Tracking kommt am Anfang.
  • Perfektionismus: Ein MVP darf fehlerhaft sein, solange der Kernnutzen da ist und die Nutzer ihn verstehen.
Woche Fokus Deliverable
1 Zielgruppe & Hypothesen Hypothesen-Board, KPIs
2 Value Proposition & Journeys Wireframes, User-Journeys
3 Prototyp & User-Tests Klickbarer Prototyp, Interview-Insights
4 Technik & Architektur Tech-Stack, Deploy-Pipeline
5 Build MVP v1
6 Beta-Test Onboarding, erste Nutzerdaten
7 Analyse & Pricing Optimierungen, Pricing-Test
8 Skalierungsvorbereitung Roadmap, KPI-Dashboard

Wenn Sie möchten, sende ich Ihnen gerne eine checklist-Vorlage (Notion oder PDF) mit allen Tasks pro Woche und einem Beispiel-Roadmap-Template, das ich in Kundenprojekten verwende. Schreiben Sie mir einfach — ich freue mich auf Ihre konkreten Fragen oder Ihr Projekt.