Als jemand, der seit Jahren Strategie, Digitalisierung und Marketingprojekte begleitet, höre ich oft dieselbe Frage: Wie baue ich eine MarTech-Stack auf, die wirklich skaliert und Marketing mit Vertrieb verbindet? In diesem Beitrag teile ich meine pragmatische Herangehensweise – konkret, praxisnah und umsetzbar. Ich beschreibe die Architektur, die notwendigen Tools, Prozesse und Governance-Schritte, damit Ihre Investitionen messbare Wirkung entfalten.

Startpunkt: Ziele, Stakeholder und Hypothesen

Bevor Sie Technologien auswählen, klären Sie drei Dinge klar und schriftlich:

  • Was sind die geschäftlichen Ziele (z. B. Cost-per-Lead senken, Conversion-Rate erhöhen, Upsell-Rate steigern)?
  • Wer sind die Stakeholder (Marketing, Vertrieb, IT, Datenschutz, Finance)?
  • Welche Hypothesen wollen Sie validieren (z. B. "Lead-Scoring erhöht die Vertriebs-Effizienz um 20%")?
  • Ohne diese Klarheit kaufen Sie nur Funktionen, keine Wirkung. Ich arbeite in Projekten mit einem kurzen One-Pager, der diese drei Punkte zusammenfasst – das verhindert teure Fehlkäufe.

    Grundbausteine einer skalierbaren MarTech-Architektur

    Für mich hat sich folgende modulare Architektur bewährt. Sie ist kein Dogma, aber ein praktischer Rahmen:

  • Datenschicht (Data Layer / CDP) – Single Source of Truth für Kundenprofile.
  • CRM – Vertriebsprozesse, Opportunities, Account-Management (z. B. Salesforce, HubSpot CRM).
  • Marketing Automation – Kampagnen-Management, Lead-Nurturing, E-Mail (z. B. Marketo, HubSpot, ActiveCampaign).
  • Analytics & BI – Attribution, Performance-Dashboards (z. B. Google Analytics 4, Looker, Power BI).
  • Engagement-Layer – Website-Personalisierung, CDP-aktivierte Channels, Chatbots (z. B. Optimizely, Dynamic Yield, Intercom).
  • Integrations- & Orchestrierungs-Ebene – iPaaS / Middleware für Datenflüsse (z. B. Mulesoft, Zapier, Workato).
  • Wichtig ist: Trennen Sie Funktionen voneinander, damit einzelne Komponenten unabhängig skaliert oder ersetzt werden können.

    Die Rolle der CDP: Herzstück für Marketing-Vertrieb-Verbindung

    Eine Customer Data Platform (CDP) ist kein luxuriöses Extra, sondern oft die Voraussetzung, um Marketing- und Vertriebsaktivitäten zu synchronisieren. In meiner Praxis muss eine CDP

  • 360°-Profile erstellen (interaktionen, transaktionen, firmografische Daten),
  • Segmentsynchronisation in Echtzeit zu CRM und Marketing-Tools ermöglichen,
  • persistente IDs und Consent-Management unterstützen.
  • Wenn Ihre CDP nicht zuverlässig Leads in das CRM spielt oder keine Echtzeit-Segmente liefert, werden Kampagnen und Sales-Outreach schnell inkonsistent. In Projekten bevorzuge ich CDPs, die Out-of-the-box Connectoren zu typischen CRMs und Automationsplattformen bieten (z. B. Segment, mParticle, Tealium).

    Lead-Flow: Vom Marketing-Lead zum Sales-Opportunity

    Ein klar definierter Lead-Flow ist essenziell. Mein empfohlener Standardprozess:

  • Lead Acquisition: Pixel/Forms, Events tracken, erste Zuordnung (Quelle, Kampagne).
  • Lead Enrichment: Automatisches Ergänzen (Firmografien via Clearbit, Datenanreicherung).
  • Lead-Scoring & Qualification: Kombinieren von Verhaltens- und Profilmetriken (fit + intent).
  • Routing: Regeln, die Leads an SDRs/Account-Owner pushen (z. B. via Salesforce-Queues).
  • Feedback-Loop: Closed-Loop-Reporting, damit Marketing aus Vertriebs-Rückmeldungen lernt.
  • Pragmatisch heißt das: Weniger manuelle Übergaben, mehr automatisierte Regeln und klare SLA‑Vorgaben zwischen Marketing und Vertrieb.

    Governance, Data Quality und Compliance

    Skalierbarkeit scheitert oft an schlechter Datenqualität und fehlender Governance. Setzen Sie diese Standards:

  • Data Dictionary: Definieren Sie Felder, Formate, Owner und Update-Frequenz.
  • Data Quality Checks: Automatisierte Tests (Deduplizierung, Validitätsprüfungen).
  • Consent Management: GDPR/DSGVO-konforme Einwilligungslogik in der CDP.
  • Change Control: Versionierung von Mappings und Transformationen in Integrations-Tools.
  • In Projekten nutze ich einfache Tabellen und automatisierte Tests, bevor neue Datenquellen live gehen. Das spart später Aufwand in Sales-Reporting und Attribution.

    KPIs und Dashboards: Was messen Sie wirklich?

    Gängige Vanity-Metriken bringen nichts. Konzentrieren Sie sich auf Metriken, die den Wert für Sales/Business zeigen:

  • Marketing Qualified Leads (MQL) zu Sales-Accepted Leads (SAL) Conversion-Rate
  • Time-to-First-Response (SDR-Antwortzeit)
  • Opportunity Win-Rate nach Quelle/Kampagne
  • Customer Acquisition Cost (CAC) und Customer Lifetime Value (LTV) per Channel
  • Attribution-Modell-Insights: Welche Touchpoints treiben tatsächliche Abschlüsse?
  • Erstellen Sie Dashboards in BI-Tools (z. B. Looker, Power BI) und sorgen Sie dafür, dass Vertriebsleiter und Marketingverantwortliche dieselben Zahlen sehen.

    Vendor-Strategie: Kauf, Build oder Best-of-Breed?

    Die richtige Wahl hängt von Ihrem Reifegrad ab:

  • Early Stage: Voll integrierte All-in-One-Lösungen (HubSpot) können schnelle Time-to-Value bringen.
  • Wachstum: Best-of-Breed-Ansatz (separate CDP, CRM, Automation) erlaubt Skalierung und flexiblere Prozesse.
  • Enterprise: Fokus auf Integrationsfähigkeit, Security und Governance (Salesforce + Mulesoft + CDP).
  • Mein Tipp: Beginnen Sie mit einem klaren Integrationskonzept. Wenn Sie mehrere spezialisierte Tools einsetzen, planen Sie das iPaaS frühzeitig ein – sonst entsteht ein "Spaghetti-Stack".

    Organisatorische Aspekte: Rollen und Prozesse

    Technologie ohne Verantwortlichkeiten führt zu Chaos. Ich empfehle diese Rollen:

  • MarTech-Owner: Gesamtverantwortung für Stack & Roadmap.
  • Data Engineer / Integrations-Owner: Sorgt für saubere Datenflüsse.
  • CRM-Admin: Pflege und Ownership der Vertriebsobjekte.
  • Campaign Manager: Operationalisiert Kampagnen und Reporting.
  • Privacy Officer: Verantwortlich für Consent & Compliance.
  • Etablieren Sie regelmäßige Sprints zwischen Marketing und IT – so bleibt Alignment erhalten und Release-Risiken werden minimiert.

    Iterative Roadmap: Von MVP zum skalierbaren System

    Ich empfehle eine iterative Roadmap mit klaren Meilensteinen:

  • Phase 0 – MVP: Basis-Tracking, CRM-Anbindung, einfache Lead-Routing-Regeln.
  • Phase 1 – Stabilisierung: CDP implementieren, Datenqualitätsregeln, erste Automationsflows.
  • Phase 2 – Optimierung: Lead-Scoring, Personalisierung, Multi-Channel-Orchestrierung.
  • Phase 3 – Skalierung: Predictive Models, Sales-Enablement-Integrationen, Advanced Attribution.
  • Jede Phase liefert messbaren Mehrwert – vermeiden Sie das große "Big Bang"-Projekt, das selten termingerecht liefert.

    Praxisbeispiele und Quick Wins

    Einige Taktiken, die ich oft als Quick Wins einsetze:

  • Automatisches Enrichment neuer Leads via Clearbit oder ZoomInfo – erhöht die qualify-Rate.
  • E-Mail- & Sales-Sequenzen, die an ein Lead-Score-Band geknüpft sind – reduziert Response-Zeit.
  • Return-on-Investment-Reporting pro Kampagne im CRM – macht Marketing-Ausgaben verhandelbar.
  • Solche Maßnahmen benötigen meist wenig Implementierungszeit und zeigen schnell Wirkung in der Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb.